Historisch! Deutschland entzaubert Kanada und spielt um Gold

von Jens Bartels


Wahnsinn! Deutschland steht im Finale! Foto: imago/ITAR-TASS
Wahnsinn! Deutschland steht im Finale! Foto: imago/ITAR-TASS | Foto: imago/ITAR-TASS



PyeongChang/Wolfsburg. Deutschland schreibt Eishockeygeschichte! In einem weiteren Krimi besiegte die deutsche Nationalmannschaft mit Björn Krupp und Gerrit Fauser von den Grizzlys Wolfsburg Titelverteidiger Kanada mit 4:3 (1:0, 3:1, 0:2) und zieht erstmals in der Geschichte dieser Sportart in ein olympisches Finale ein!

Maceks Hammer bringt die Führung


Ein geschichtsträchtiges Duell stand bevor. Vor 26 Jahren scheiterte Peter Draisaitl gegen Kanada mit dem entscheidenden Penalty, der kurioserweise auf der Linie liegen blieb. Damals war es allerdings das Viertelfinale, welches die deutsche Mannschaft bei diesen Spielen am Mittwoch gegen Weltmeister Schweden mit 4:3 für sich entschied.

Die ersten Minuten der Partie gehörten der Defensive, beide Teams ließen zunächst keine Torschüsse zu. Der erste Versuchauf das Tor gehörte dem Kanadier Kelly, den Danny aus den Birken allerdings locker herunter pflückte (4.). Zwei Minuten später musste der deutsche Goalie erneut eingreifen und einen Kracher von Wolksi entschärfen (6.). Doch auch wenn der Titelverteidiger von Beginn an versuchte, seinen Gegner unter Druck zu setzen, stand die deutsche Verteidigung sicher und störte das kanadische Spiel. Sozeigte die Mannschaft von Bundestrainer Marco Sturm auch im ersten Penaltykilling eine starke Leistung und ließ die Nordamerikaner kaum zu ihrer Formation kommen – Gerrit Fauser versuchte sich sogar mit einem Konter (9.).

In der Folge kam das deutsche Team auch offensiv zum Zug und biss sich für einen Moment im gegnerischen Drittel fest. Doch dann checkte Felix Schütz Maxim Noreau und musste für zwei Minuten in die Kühlbox. Lange konnte der Favorit nicht von der Überzahl profitieren. Nachdem Fauser für den ersten Befreiungsschlag sorgte, musste auch Linden Vey wegen Hohen Stocks vom Eis, dessen Teamkamerad René Bourquefolgte kurz darauf wegen Spielverzögerung (14.). Nun wendete sich das Blatt und die Schwarz-Gelben fanden sich in doppelter Überzahl wieder – und fackelten nicht lange: Blitzschnellstand die Formation, Brooks Macek bekam einen Querpass von Dominik Kahun von der rechten Seite und feuerte das Hartgummi knallhart vom linken Bullypunkt zum 1:0 (15.) am kurzen Pfosten in die Maschen!

Nun war Deutschland am Drücker und wurde immer wieder gefährlich. Frank Mauers Onetime-Knaller hätte kurz vor der ersten Pause fast den nächsten Treffer zur Folge gehabt, doch Kevin Poulin hatte alles im Griff (19.). So auch Aus den Birken auf der Gegenseite der gegen Derek Roy abermals auf seinem Posten war (20.).

Deutschland führt 4:1!


Den starken Auftritt setzte das deutsche Team im Mittelabschnitt fort, doch auch die Mannschaft aus dem Mutterland des Eishockeys wollte sich die Butter nicht vom Brot nehmen lassen. Mit hartem Kampf versuchte die Sturm-Truppe den Gegner in Schach zu halten und dabei auch vorne Akzente zu setzen. Dies gelang in der 24. Minute: Daryl Boyle schnappte sich im eigenen Drittel die Scheibe und schickte Patrick Hager los. Der Angreifer lief auf dem rechten Flügel ins Angriffsdrittel und legte einen Querpass aus der Drehung auf Matthias Plachta, den der Mannheimer eiskalt zum 2:0 (24.) in das Netz donnerte!

Und Deutschland war noch nicht satt – nächster Konter: David Wolf übernahm das Spielgerät in der neutralen Zone, gab weiter zu Marcel Goc, der Kapitän legte goldrichtig auf den im Slot heranrauschenden Frank Mauer auf, der die Scheibe durch die eigenen Beinezum 3:0 (27.) über die Linie drückte. Doch die folgende Strafzeit sollte sich rächen. In ähnlicher Manier wie der erste Treffer der Deutschen, ließ Gilbert Brule eine Rakete zum los und traf zum 3:1 (29.). In den Folgeminute wurde es rasant, schnelle Angriffe wechselten sich ab, wobei beide Schlussmänner glänzen konnten.

Vom Anschlusstreffer ließ sich der Underdog nicht beirren und blieb in der Partie. So überstand Deutschland auch die nächste Unterzahl schadlos und konnte sogar einen gefährlichen Konter laufen (31.) – und kam in den Genuss des nächsten Powerplays. Dort dauerte es nur drei Sekunden bis zum nächsten Erfolg. Nach gewonnenem Bully landete die Scheibe bei Plachta, der direkt von der blauen Linie abzog, Patrick Hagers Knie fälschte glücklich zum 4:1 (33.) in das Tor ab. Dem Erfolg folgte eine Schrecksekunde: Gilbert Brulé checkte David Wolf derart hart ins Gesicht, sodass der Akteur verletzt vom Eismusste. Brulé bekam folgerichtig eine Spieldauerdisziplinarstrafe (33.).

Deutschland drückte weiter und erspielte sich im Powerplay mehrere gefährliche Möglichkeiten, hatte aber auch Pech als Maceks Versuch kurz vor der Linie liegen blieb (37.). Kanada konnte sich nur noch physisch zur Wehr setzen. Bourque erwischte Björn Krupp mit dem Schläger im Gesicht, jedoch ohne größere Verletzungsfolge (39.).

Deutschland rettet sich ins Finale


Zu Beginn des Schlussdrittels kam auch David Wolf wieder auf das Eis. Der neunmalige Olympiasieger wirkte zunächst ein wenig verzweifelt und legte den Fokus auf die Physis, schloss jedoch nochmals an. Bei einem Konter bekam Matt Robinson den entscheidenden Pass im Slot und netzte gegen einen chancenlosen Danny aus den Birken zum 4:2 (43.) ein. Im Gegenzug wurde Kahun beim Zug zum Tor nicht regelkonform gestoppt und bekam einen Penalty zugesprochen, doch der Münchener scheiterte am Goalie (44.).

Es entbrannte ein harter Kampf um die Entscheidung. Kanada blieb seiner Linie treu und versuchte die Deutschen durch körperbetontes Spiel aus der Fassung zu bringen, so musste Gerrit Fauser einen Check in Gesicht hinnehmen, welcher seitens des Unparteiischen nicht geahndet wurde (46.). Doch auch in der Offensive drückten die Ahornblätter immer stärker. Deutschland ackerte, kam zwischendurch selbst zu Angriffen und war auch im Rückzug extrem schnell.

Dabei blieben auch weitere Strafzeiten nicht aus. Die Rot-Weißen nahmen die Gelegenheit wahr und verkürzten mit Derek Roy auf 4:3 (50.), bei dem Krupp unglücklicherweise die letzte Berührung hatte. Der Goldmedaillengewinner von Sotschi hielt den Druck aufrecht, doch auch die nächste Unterzahl konnte das deutsche Team erfolgreich verteidigen (53.). Immer wieder musste der Goalie des deutschen Meisters eingreifen und machte dabei eine starke Figur. Deutschland beschränkte sich in den letzten Minuten überwiegend darauf mit Befreiungsschlägen den Zwischenstand über die Zeit zu bringen.

2:22 Minuten vor Schluss nahm das kanadische Team den Goalie erstmals zugunsten des Extraattackers aus dem Kasten – ohne Erfolg. In einem knüppelhartenKampf konnte das deutsche Team die knappe Führung verteidigen und erreichte damit erstmals ein olympisches Eishockeyfinale.

Zahlen und Fakten


Torfolge:1:0 (15.) Brooks Macek (Kahun/PP1), 2:0 (24.) Matthias Plachta (Hager, Boyle), 3:0 (27.) Frank Mauer (Goc, Wolf), 3:1 (29.) Gilbert Brulé, 4:1 (33.) Patrick Hager (Plachta), 4:2 (43.) Matt Robinson, 4:3 (50.) Derek Roy (PP1)


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