Karate – Murmeln 21: Ein Hobby für Masochisten


Teil 21. Grafik: Vollmer
Teil 21. Grafik: Vollmer



Eine Jugendfußballmannschaft trainieren - das ist ein Hobby für Masochisten. Vor allem, wenn es überhaupt nicht läuft. Und diese Saison ist eine Seuchensaison. Das Wetter hat viele unserer Spiele ausfallen lassen, bis Saisonende dürfen wir noch 15 Mal ran. Für eine Jugendmannschaft schwer machbar.

Vor allem, wenn der Kader bereits jetzt aus dem letzten Loch pfeift. Mit 23 Spielern sind wir im Sommer in die Vorbereitung gegangen, der jetzige Kader besteht aus 16. Drei hatten wir selbst in die Zweite geschickt, die anderen haben sich zwischenzeitlich verabschiedet. Sich im Training anbieten, den Stammkader unter Druck setzen, das war nichts für sie. Dann lieber in einer unterklassigen Mannschaft rumdaddeln. Ist einfacher.

Das Spiel am Samstag war so etwas wie der negative Höhepunkt der Saison. Derby, Tabellennachbarn. Aber der Kader war dünn. Auch 16jährige fahren noch mit ihren Eltern in den Urlaub, und Ostern ist mittlerweile anscheinend Reisezeit. Dazu fielen Spieler mit Krankheiten aus. Also traten wir mit 13 Jungs auf dem Spielberichtsbogen an. Eigentlich waren es deutlich weniger, denn drei davon hätten nicht gespielt, wenn es Alternativen gegeben hätte. Sie waren gerade erst wieder gesund geworden, und dann schont man sie lieber einen Tag zu viel als zu wenig. Aber es gab keine Alternativen.

Und dann dieser harmlose Zweikampf in der fünften Minute, als unser Innenverteidiger ins Stolpern gerät und fällt. Nichts Weltbewegendes. Dachten wir. Pustekuchen, der Junge hat sich bei diesem Sturz tatsächlich das Schlüsselbein gebrochen. Die Saison ist für ihn gelaufen. Es war übrigens bereits das dritte Mal, dass ich in dieser Spielzeit den Krankenwagen rufen musste. Drei Mal in neun Spielen, in jedem dritten Spiel also. Seuchensaison. Das Spiel haben wir übrigens 1:4 verloren. Die Jungs sind nicht doof. Die wussten genau, dass sie in faktischer Unterzahl aufliefen. Die einen kämpfen dann eben doppelt und dreifach um jeden Ball. Ich habe die anderen.

Gestern beim Training ist unser Sechser umgeknickt. Wir haben seit Ende September auf Asche trainieren müssen, weil die Rasenplätze fürs Training gesperrt waren. Jetzt waren wir das zweite Mal auf grünem Gras. Und sofort passiert etwas. Ich bin froh, wenn diese Saison endlich vorbei ist. Dass ich nach dem Sommer noch einmal eine Jugendmannschaft übernehme, ist kein Thema. Ich brauche eine Pause. Diese Saison hat viel Kraft gekostet. Zu viel Kraft für ein Hobby.

Till

___

Dies ist eine Kolumne von Till Oliver Becker. Die Meinung des Autors entspricht nicht zwingend der Meinung unserer Redaktion.

Lesen Sie auch


https://regionalsport.de/karate-murmeln-20-schutzbeduerftige-ohne-schutz/

https://regionalsport.de/karate-murmeln-19-der-dfb-und-junuzovic-moral-vor-recht/

https://regionalsport.de/karate-murmeln-18-auswaerts-nur-mit-urlaub/

https://regionalsport.de/karate-murmeln-17-von-hunden-anstand-und-muschis

https://regionalsport.de/karate-murmeln-16-geschlossene-gesellschaft-im-dfb-pokal/

https://regionalsport.de/karate-murmeln-15-rot-gelb-gruen-italien-macht-die-ampel-voll/

https://regionalsport.de/karate-murmeln-14-seltsames-signal-zum-sturm-auf-platz-3/




mehr News aus der Region


Weitere spannende Artikel