Torsten Lieberknecht: Der Beginn einer wachsenden Einheit

von Frank Vollmer


Im Weihnachtsinterview bei regionalSport.de: Torsten Lieberknecht. Foto: Frank Vollmer
Im Weihnachtsinterview bei regionalSport.de: Torsten Lieberknecht. Foto: Frank Vollmer | Foto: Frank Vollmer



Braunschweig. Das Jahr 2015 ist für Eintracht Braunschweig beendet. Vor dem verdienten Weihnachtsurlaub hat sich regionalSport.de noch einmal mit Trainer Torsten Lieberknecht über ungerechte Schiedsrichterentscheidungen, die Hinrunde im Allgemeinen und Verstärkungen in der Winterpause unterhalten.

"Niemals komplett zufrieden"


Hallo Torsten, haben Sie das Unentschieden vom Sonntag schon verarbeitet?
Wir hätten das Spiel in der ersten Halbzeit auf die Siegerstraße bringen müssen. Das ist uns durchaus bewusst. Aber aufgrund der Tatsache, dass wir den Mittwoch in den Knochen hatten, müssen wir mit so einem Punkt leben. Viel schwerer verdaulich ist, dass wir jetzt zwei Mal innerhalb weniger Tage einen klaren Elfmeter gegen uns nicht gewertet bekommen haben.
Das ist schwer zu verdauen. Das ist für mich schon kein Fehler mehr.

Sie blieben trotz der offensichtlichen Fehlentscheidungen nach außen hin sehr besonnen.
Nein, das kam nur so rüber. Vor allen Dingen diese Geschichte gegen Stuttgart. Das ist schwer zu verdauen. Das ist für mich schon kein Fehler mehr.

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Fehlentscheidungen wurmen den Trainer: Im Zwiegespräch mit Peter Sippel. Foto: Bernhard Grimm



Wenn man mal allgemein auf die Hinserie schaut – die ja doch recht erfolgreich war – wie zufrieden ist denn der Trainer Torsten Lieberknecht mit dem was sich gesamt gezeigt hat?
Das Gesamtpaket was man als Verein berücksichtigen sollte ist, dass man eine Idee hat, mit der man in die Saison geht. In diese Idee ging mit ein, dass wir uns gefragt haben, wie wir die vielen Gegentore der letzten Saison verhindern können. Wie kriegen wir die Spieler unseres Kaders gewinnbringend auf den Platz? Und wenn man dann sieht, dass wir ein neues System integriert und einen großen Umbruch absolviert haben, Spieler in ihre Rollen hineinwachsen mussten und wir in der Vorrunde mit Verletzungsproblemen zu kämpfen hatten, denke ich sollten wir zufrieden sein. Wir wissen, wir hätten mehr Punkte haben können. Doch habe ich auch immer gesagt: Mit dem Thema Punkte und Tabellenplatz muss man sensibel umgehen. Die 2. Liga hat sich tabellarisch und nach Punkten lange Zeit auf einem engen Niveau bewegt. Darum bin ich zufrieden. (überlegt kurz) Richtig zufrieden nicht. Aber ich bin nicht unzufrieden. Ja, das ist doch das richtige Wort.

Wir wissen, wir hätten mehr Punkte haben können.

Was muss denn in der Rückrunde passieren, damit sie richtig zufrieden sind?
Ich bin niemals komplett zufrieden. Auch beim Aufstieg in die 1. Liga bin ich das nie gewesen, weil eine Saison und eine Trainingswoche dich immer arbeiten lässt. Es gibt Momente, in denen ich sage: Man hätte wie gestern dieses Spiel gewinnen müssen. Aber wir hatten im Sommer den großen Umbruch. Wir haben auch viele Jugendspieler hinzugezogen, von denen zwei sich richtig fest gespielt haben. Gerrit Holtmann ist U20 Nationalspieler geworden. Wenn Maximilian Sauer sich nicht verletzt hätte, wäre er schwer zu verdrängen gewesen von der Rechtsverteidigerposition. Wir haben Salim Khelifi nach vorne gebracht, der die Zeichen der Zeit erkannt hat. Rafal Gikiewicz hat sich super entwickelt. Außerdem haben wir Nationalspieler für verschiedene Nationen in unseren Reihen mit Phil Ofuso-Ayeh für Ghana oder Nik Omladic für Slowenien. Unabhängig von Ergebnissen und Spieltagen lässt einen so etwas nicht unzufrieden auf die bisherige Saison schauen.

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Auch in der achten Saison als Cheftrainer noch emotional an der Seitenlinie. Foto: Agentur Hübner



Dennoch haben Sie nach dem Spiel gegen den FCK personelle Verstärkungen angekündigt.
Es ist mein Wunsch, dass der Kader für jetzt und die Zukunft optimiert wird. Im Sturm könnten wir mit Sicherheit noch die eine oder andere Verstärkung gebrauchen. Emil Berggreen hat sich verletzungsanfällig gezeigt, Orhan Ademi hatte bisher einen schweren Stand, Mads Hvilsom hat mit der Anpassung doch größere Schwierigkeiten als erwartet und Julius Düker ist Nachwuchsstürmer. Aus meiner Sicht sollten wir in dem Bereich schon noch etwas machen. Auch im Defensivbereich kann man etwas dazu holen, auch wenn es da nicht so dringend nötig ist. Aber wenn man auch zukunftsorientiert denkt und die Mannschaft so aufstellen kann, dass sie langfristig optimiert wird und kurzfristig vielleicht ausreicht, um einen Relegationsplatz zu erreichen, sollten wir alles versuchen.

Aus meiner Sicht sollten wir in dem Bereich schon noch etwas machen.

Der Relegationsplatz als Saisonziel?
Wir sind ja nach wie vor oben dran. Der Wunsch des gesamten Vereins für die Saison war, besser abzuschneiden als letztes Jahr. Das Ziel war aber eben auch, eine neue Mannschaft aufzubauen und bisher kommen wir beidem nach. Und solange es in Reichweite des Möglichen liegt, bin ich dafür, es voll anzugehen. Die ersten beiden Plätze sind vergeben an Leipzig und Freiburg. Diese Beiden sind aufgestiegen. Jetzt hat sich die Situation ergeben, dass vier oder fünf Mannschaften um den Relegationsplatz spielen. Der Tabellenstand und das Punktekonto haben aber oftmals auch klar dafür gesorgt, dem gegenüber sensibel zu bleiben. Denn es war lange Zeit eng und die Liga präsentiert sich nach wie vor in dieser Form.

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Verstärkungen in der Winterpause. Nach unseren Informationen sollen drei Neue kommen. Foto: Agentur Hübner



Beeinflusst negative Berichterstattung Ihre Arbeit?
Ich versuche das auszublenden, bin aber immer dann sehr aufmerksam, wenn ich merke: Das schadet der Mannschaft. Dann schreite ich ein – aber nur zum Wohle der Mannschaft. Aber ansonsten blende ich das Mediale aus.

Trotzdem unterliegen die Jungs auch normalen Schwankungen

Wie ging für Ihr Empfinden das Jugendkonzept innerhalb des Profikaders bisher auf?
Jeder hat hier die Chance, sich über Leistung zu präsentieren. Aber ich denke, wir haben jetzt schon einige Jungs dabei, bei denen das Konzept sich als erfolgreich erwiesen hat. Mit Gerrit und Max haben zwei die Möglichkeit genutzt, sich in Profikader zu spielen und auch fester Bestandteil zu werden. Wenn man sich vielleicht mit anderen Vereinen vergleichen möchte, sticht das schon heraus. Auch Julius Düker hatte jetzt schon seinen vierzehnten Zweitligaeinsatz. Trotzdem unterliegen die Jungs auch normalen Schwankungen und benötigen ein bisschen Zeit. Alle anderen, die hier in der Jugend sind, haben genauso ihre Chance, ohne Namen zu nennen. Aber da gibt es noch so einige.

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Witzige Aktion: Ein Trikotgruß für Ex-Schiri Peter Gagelmann. Foto: privat



Auf der anderen Seite gibt es den ein oder anderen erfahrenen Spieler, der nicht mehr zum Einsatz kommt. Ist Damir Vrancic ein Spieler, der Eintracht Braunschweig im Winter verlassen wird?
Das ist ja kein Geheimnis mehr und wir hatten darüber mit ihm schon vor der Saison gesprochen. Ich habe ihm auch gesagt, dass ich ihn nie wegjagen würde. Er merkt jetzt, dass es sehr schweirig geworden ist. Ich gehe davon aus, dass er auch Fußball spielen möchte. Darum ergibt es nicht nur von seiner Seite aus auch Sinn, dass er sich im Winter nach einem anderen Verein umschaut.

Letzte Frage: Die letzte Saison stand für sie unter dem Claim der "Unruhigen Einheit". Was wäre demnach die abgelaufene Hinrunde?
Der Beginn einer wachsenden Einheit.

Vielen Dank für das Gespräch und ein frohes Fest.


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