Vor drei Jahren: Torsten Lieberknecht und das Rosenkind Nele

von Frank Vollmer


Rührten zu Tränen: Torsten und Nele. Foto: Agentur Hübner
Rührten zu Tränen: Torsten und Nele. Foto: Agentur Hübner | Foto: Agentur Hübner



Braunschweig/Sinsheim. Aktuell ist Eintracht Braunschweig auf direktemWeg zurück in die Bundesliga. Heute vor drei Jahren stiegen die "Löwen" als Aufsteiger nach nur einem Jahr im Oberhaus wieder ab. Das, was sich am 10. Mai 2014 in der Sinsheimer SAP-Arena zutrug, war an Emotionen kaum mehrzu überbieten: Ein kleines Mädchen tröstete die komplette Braunschweiger Fanseele. Ihr Bild ging um die Welt.

Und dann kam Nele . . .


Das war es. Schluss, aus, vorbei. Eintracht Braunschweig konnte die Steilvorlagen der Mitbewerber im Schneckenrennen um Platz 16 nicht nutzen und verlor in Hoffenheim 1:3. Tränen flossen, die fassungslosen, leeren Gesichter der Spieler sahen einen Block voller trotziger Gesänge, der bis zum Ende noch irgendwie auf einFußballwunder gehofft hatte. Und dann kam Nele.

Nun standen sie da, die Löwen, wo sie auf anderem Platz – in einer ähnlichen Plastikarena – ein Jahr zuvor noch überschwänglich die Rückkehr in die Bundesliga gefeiert hatten und mussten irgendwie durch diese für sie ungewohnte Situation. Jan Hochscheidt, in der 88. Spielminute Schütze des einzigen Tores für die Eintracht, kletterte über die Bande, drückte sein Trikot einem tieftraurigen Fan in die Hand.

Auch die anderen Spieler entledigten sich ihrer Leibchen, übersprangen damit für den Augenblockdiese seltsame Gefühlslage, ein Absteiger zu sein. Norman Theuerkauf reichte einem kleinen Jungen seine Schuhe. Gleich daneben standen Jan Henrik Dommnich, seine Frau Katrin und Töchterchen Nele. "Wir hatten schon einen Polizisten gefragt, ob der uns helfen kann", erzählt der Eintracht-Fan. Nele hatte in der Stadt zwei blau-gelbe Rosen geschenkt bekommen. "Guck mal, Papa: Eintracht-Farben blau und gelb", hatte sie gesagt und: "Die schenk ich nachher Domi Kumbela und Torsten Lieberknecht." Die Blumen nahm die junge Familie mit ins Stadion. 90 bangende Minuten lang lagen sie dort unter der Sitzschale. Dann war Eintracht Braunschweig abgestiegen.

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Die kleine Familie Dommnich. Foto: Vollmer


Der Rosentausch


Die Mannschaft kam vor den Block, aber nicht nah genug für einen Blumentausch. Norman Theuerkauf reagierte auf die Anfrage der Dommnichs. Der Mittelfeldspieler hob den kleinen Fratz über die Bande. Die Vierjährige flitzte sofort los. Sie wusste genau, wo sie hin wollte. Begleitet wurde sie von tosendem Beifall der blau-gelben Masse, die immer noch sang und trotzig war, in der Hand die gelbe und die blaue Rose.

Einige Spieler beugten sich hinab zu ihr, redeten auf sie ein. Die blaue Rose drückte das Mädchen Domi Kumbela in die Hand, dann flitzte sie wieder los, auf Torsten Lieberknecht zu. Der heute 43-Jährige, selbst dreifacher Familienvater, nahm das kleine Mädchen auf den Arm, hob sie auf Augenhöhe und nahm das Pflänzchen entgegen. Das Bild, was sich nun ergab, wird von Dauer sein. Kurz redete der Trainer mit Nele, bevor er sie sanft wieder auf den Boden entließ. Sieflitzte zurück zu ihren Eltern in den Block.

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Bis zum letzten Atemzug. Foto: Vollmer


Diese Fans . . .


Länger als eine Viertelstunde dauerte das Schauspiel vor dem Gästeblock nun schon an und man fragte sich, wer hier eigentlich gerade abgestiegen war. Diese Braunschweiger Fans hinterließen – wie über die gesamte Saison hinweg – einen bleibenden positiven Eindruck.

Diese Fans, die in den vorangegangenen fünf Jahren neues Selbstvertrauen, gar eine neue Identität erhalten hatten blieben im Gedächtnis. Denn sie haben gelitten, mitgefiebert, gefeiert, gesungen, getrunken, gelacht, geweint. Und sie peitschten ihr Team immer wieder nach vorne. Die Fans, die Herz haben, spontan sind und eine Menge Humor haben. Sie sind echt. So wie die kleine Familie Dommnich. Diese Fans kommen wieder, die Eintracht aus Braunschweig kommt wieder. Dieser Verein atmet, ist organisch, lebt und das alles ohne die Millionen eines Mäzen. Bundesliga, es wird keine 28 Jahr dauern, bis du uns wieder hast. Ihr werdet schon sehen.

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To be continued! Foto: Vollmer



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Dieser Artikel stammt aus dem abseits° Sondermagazin zur Saison 2013/2014


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