Zehn Runden Hölle: Als Patrick Rokohl deutscher Meister wurde

von Frank Vollmer


Der Moment der Gewissheit: Deutscher Meister im Halbschwergewicht. Foto: Frank Vollmer
Der Moment der Gewissheit: Deutscher Meister im Halbschwergewicht. Foto: Frank Vollmer | Foto: Frank Vollmer



Braunschweig. Drei Tage danach sieht man Patrick Rokohl die Spuren des bisher schwersten Kampfes seiner Karriere noch deutlich an. Geschenkt bekam er seine erste deutsche Meisterschaft im Halbschwergewicht nicht. Über dem rechten Auge ist wie zum Beweis ein großer Cut, der mit drei Stichen genäht wurde. Im Gespräch mit regionalSport.de ließ der Athlet den Boxabend noch einmal Revue passieren.

Sechs Kämpfe in einem Jahr


"Ich bin überglücklich", sagt der 28 Jahre junge Profiboxer leise und lächelt. Es war ein hartes Jahr 2016. Seit dem ersten von sechs Kämpfen in diesem Jahr am 13. Februar hat er alleine elf Kilogramm abgekocht, wie man so schön sagt. Und doch verpasste Rokohl beinahe sein Kampfgewicht: "Erst einen Tag vor dem Wiegen habe ich mit Hilfe von Fitnesscoach Seyid die notwendigen 79Kg erreicht", verrät der Boxer und grinst. Drei Monate lang hat er sich intensivst auf den wichtigsten Moment seiner Karriere vorbereitet, nebenbei organisierten er und Trainer Harun Sipahi auch das Event in der Wolfenbütteler Lindenhalle. Mit allem was bei so einer Veranstaltung dazu gehört.

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Debüt als Profi Ende letzten Jahres. Damals noch im Cruisergewicht. Foto: privat


"Druck gehört dazu"


Nun scheint der ganze Druck von ihm abgefallen. "Der war riesig vor dem heimischen Publikum", gibt Patrick zu. Und der Gegner Toni Camin bot einen wahren Fight: "Er hat einen super Kampf abgeliefert", sagt Rokohl anerkennend. "Die Zuschauer sind glaub ich auf ihre Kosten gekommen." Doch ging "The Patriot" den Kampf auch etwas zügig an: "Ich habe in den ersten beiden Runden zu hart geschlagen. Danach musste ich das Tempo ein wenig drosseln." Aus der Ringecke halfen die lautstarken Anweisungen von Trainer Harun, den Braunschweiger wieder auf den rechten Weg zurückzuführen. Sipahi scheute auch nicht, seinem Schützling nach der vierten Runde "eine zu knallen", als Camin seine Chance witterte und immer stärker wurde.

Dann kam es bei einem Kopfstoß zum Cut am Auge. "Defintiv hat der mich auch behindert. Das Blut ist ständig an meinem Auge vorbeigelaufen", berichtet Rokohl. In den Pausen mussten Bruder und Trainer den Cut schließen. "Dadurch hatte ich auch nicht die Möglichkeit, mich in den Ringpausen komplett zu erholen." Rokohl biss in der entscheidenden Phase dieses Schlagabtausches die Zähne zusammen. "Ab der 8. Runde kam die Luft wieder." Noch einmal schickte er ein Schlaggewitter, versuchte Camin K.o. zu schlagen.

"Die 10. Runde war noch einmal ein Hexenkessel. Ich habe gemerkt, jetzt wackelt er." Doch Camin fiel nicht. Als der letzte Gong ertönte riss Rokohl instinktiv die Faust in die Luft: "Ich war mir vom Gefühl her sicher, dass ich gewonnen hatte." Pikant: Wäre der Kampf wegen des Cuts abgebrochen worden, hätte Rokohl sowieso gewonnen, weil der Cut unerlaubt zustande kam und der Braunschweiger bis zu dem Zeitpunkt, als es passierte, führte. "Das erzählte mir der Ringrichter allerdings erst nach dem Kampf", lacht Rokohl und lässt den ewig langen Augenblick der Ungewissheit bis zur Urteilsverkündung noch einmal innerlich Revue passieren.

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Wenn alles um dich herum verschwimmt. Foto:


In guter Gesellschaft


Als der Ringsprecher das Urteil der Ringrichter endlich verkündete, platzte Patrick Rokohl fast vor Freude. Es musste einfach alles raus. Er war deutscher Meister in der Tradition von Sven Ottke, Ralf oder Graciano Roccigiani, die diesen Titel allesamt schon trugen. Lange genießen konnte er den Triumph zunächst nicht. Nach dem Kampf musste Rokohl ins Krankenhaus zum Nähen. Der Cut wird noch eine Weile sichtbar sein. Er ist der Beweis eines harten Fights. Und dass man mit harter Arbeit und Hingabe seine Träume Wirklichkeit werden lassen kann.

Interview mit Patrick Rokohl als Podcast


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Erst nach dem Kampf berichtete der Ringrichter. Foto:


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